Bremen – Kaffee-Rösterei Münchhausen lädt ein zu einer Führung durch Laden, Lager mit einer Verkostung von edlen Kaffee-Sorten und abschließend die Rösterei. Montag Nachmittag 15.00 Uhr, die Führung war für 20 Personen geplant, im Flur stehen 34 bei Außentemperaturen von 30 Grad Celsius. Doch die Tochter des Firmengründers August Münchhausen ist flexibel und teilt die Gruppe kurzerhand auf. Sie erzählt im kleinen, aber feinen Laden, das Bremen eine Kaffeestadt war und immer noch ist, denn die Hälfte des verbrauchten gerösteten Kaffees in der Bundesrepublik wird immer noch in der Hansestadt geröstet. Drei von fünf Entkoffeinierern befinden sich in Bremen. Während die Großen an den Rand der Stadt gedrängt sind, behauptet die Kaffee-Rösterei Münchhausen mitten in der Innenstadt, fast direkt n der Stephani-Brücke am Weser-Ufer im Stammhaus ihren Platz.
Bremen – Kaffee-Rösterei Münchhausen vorgestellt
Es begann mit der Kündigung August Münchhausens bei einer Kaffee-Rösterei in Bremen. Seine Arbeitskollegen wollten komplett in die erstarkende NSDAP der Nationalsozialisten eintreten. Da wollte er nicht mitmachen und machte sich 1935 mit einer kleinen Kaffeerösterei selbstständig. Anfangs röstete er mit einfachen Geräten, doch schon nach drei Jahren harter Arbeit konnte er einen Röster kaufen. Auch kaufte er das geräumige Haus. Dort hatte er die Rösterei, sein Lager, Laden und seine Wohnräume. Die übrigen Zimmer vermietete er und hatte damit ein solides Einkommen.
Münchhausen während der Nazizeit
Schon 1939 mussten die Röstereien ihre Kaffeebestände an die Regierung abliefern. Kaffee war zum absoluten Luxusgut geworden, das nur bestimmte Menschen genießen durften. Das Volk trank Kaffee-Ersatz, den Münchhausen dann auch herstellte. Der Kaffee aus Rübenschnitzel, Zichorien, Gerste und andere Zutaten nannten Kenner spaßeshalber „Münchhausens Lügenkaffee“. Münchhausen ahnte, dass seine Firma an der Brücke im Zweiten Weltkrieg gefährdet sein würde, deshalb stellte er seine wertvolle Röstmaschine in Twistringen auf. Er wurde zur Wehrmacht eingezogen, kam in Gefangenschaft und in sein Haus fiel eine Bombe.
Münchhausen nach dem Zweiten Weltkrieg und der Blümchenkaffee
Der Krieg war zu Ende, August kam aus der Gefangenschaft und baute aus dem Bauschutt, so gut es ging, sein Haus wieder auf. Das ist noch heute an manchen Stellen zu sehen, so zum Beispiel im Flur. Die Bodenfliesen sind die ehemaligen Fensterbänke. Er begann wieder mit der Rösterei, den Kaffee erhielt er aus den Care-Paketen der Amerikaner. Und die Konkurrenz schlief nicht, schnell gab es wieder 250 Röstereien in Bremen. Kaffee wurde im Vergleich zu heute in winzigen Tütchen verkauft – 12 Gramm für 50 Pfennig. Blümchenkaffee – der Kaffee war so dünn, dass man das Blümchenmuster der Kaffeetasse sehen konnte. Auch den aufgebrühten Kaffee zu trocken und ein zweites Mal aufzugießen, kam vor. 1960 gaben viele Kaffeefirmen im harten Konkurrenzkampf auf. Hinzu kam, dass die Verbraucher nun mehr auf den Preis sahen, Gewinne konnten nur noch durch die Nebenverkäufe eingefahren werden. Münchhausen ging 1970 in Rente, röstete aber kleine Mengen bis zu seinem Tode weiter. Er lebte von seiner Rente und den Mieteeinnahmen und röstete weiter zum Spaß. Dadurch überlebte Münchhausen Kaffee Bremen. Heute geht es kleinen Röstereien wieder wirtschaftlich besser, denn Kaffeetrinker sind bereit, für fair gehandelten oder Bio-Kaffee höhere Preise zu bezahlen. Kleine Manufakturen haben so wieder ihre Nischen und ihr Auskommen.
Kaffeeverkostung und Röstung
Zur Kaffeeverkostung geht es ins Kellergeschoss, in dem die Kaffeesäcke lagern. Aber erst sind einige Stufen hinauf zu bewältigen und unser Führer erklärt, dass die Kaffeesackträger zusätzlich Stufengeld bekamen. Kein Wunder, denn ein Kaffeesack wiegt 60 bis 70 Kilogramm.
In kleinen Tassen dürfen einige Kaffeesorten natürlich nur schwarz probiert werden, so zum Beispiel Kaffee aus Guatemala, Venezuela oder die Festtagsmischung, die 1938 kreiert wurde und immer noch verkauft wird.
Als Nächstes geht es in die Rösterei. Dort gilt ein elftes Gebot: Immer bei der Trommel bleiben und kontrollieren. Die Dauer des Röstens der eigentlich olivgrünen Kaffeebohnen, die Temperatur, die auch in Abhängigkeit zur Raumtemperatur steht, bestimmen den Geschmack und die Qualität des Kaffees. Während des Röstvorgangs können die Nachbarn frischen Kaffeeduft schnuppern. Es darf sich aber keinen darüber beschweren, denn die Traditionsfirma hat von der Stadt Bremen die Erlaubnis tagsüber von 6 bis 18 Uhr zu rösten. Eine sehr interessante Führung in alten Firmenräumen.
Weitere Informationen:
Kaffeerösterei August Münchhausen, Geeren 24 bei der Stephanie-Brücke und nahe Brill, 28195 Bremen, Telefon 0421 12 100, E-Mail: info@muenchhausen-kaffee.de, Internet: www.muenchhausen-kaffee.de
Besichtigung nach Vereinbarung
Öffnungszeiten des Ladens: Mo – Fr von 10 bis 12.30 Uhr, Versand siehe Internetseite
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