Besuch im Bernsteinzimmer im Katharinen-Palast in Carskoje Selo, ist schon ein Erlebnis der besonderen Art. Um das legendäre Zimmer mit Möbel ranken sich Geschichten. Der Soldatenkönig, Kaiser Friedrich Wilhelm von Preußen bekam es zum Geburtstag geschenkt. Zuerst war es im Berliner Stadtschloss. Er wusste nicht recht, was er damit sollte und verschenkte es kurzerhand an Zar Peter den Großen weiter. Der gab ihm dafür 50 lange Kerls, wie damals große Soldaten hießen. Die brauchte der Preußenkönig für seine Leibgarde. Peter hatte ebenso kein besonderes Interesse daran. Also landete es achtlos im Keller.
Da Zarin Elisabeth Katzen liebte, hielt sie sich oft im Keller auf. Dabei entdeckte sie die Bernsteinplatten und ließ das Zimmer zunächst im Winterpalast wieder aufbauen. Später in der Sommerresidenz vergrößerte der damit beauftragte italienische Architekt es von 19 auf 100 Quadratmeter. Er fügte Goldverzierungen, Spiegel und Gemälde hinzu. Dort war es 200 Jahre.
Wandverkleidungen und Möbel nahmen deutsche Soldaten als Kriegsbeute mit. Im Königsberger Schloss konnten Interessierte es besichtigen. Nach der Evakuierung war es plötzlich verschwunden. Das Original ist bis heute nicht wieder aufgetaucht. Hobby-Schatzsucher suchen nach wie vor eifrig danach. Aber bislang hatte keiner von ihnen Glück. Ein Gerücht besagt, das es in einem Eisenbahn-Waggon in Polen ist. Ein Teil des alten Bernsteinzimmers tauchte in Bremen auf, als es jemand verkaufen wollte. Den Verkauf stoppte die Bremer Polizei rechtzeitig und gab das Objekt an St. Petersburg zurück.
Nach Fotos und Skizzen arbeiteten 20 Künstler zehn Jahre an der Wiederherstellung. Dabei verarbeiteten sie sechs Tonnen Bernstein, das Kilo für 30.000 Euro. Das Geld stifteten namhafte deutsche Firmen, die sich gute Geschäfte mit Russland erhofften. 2003 war die feierliche Eröffnung.
Die Sommerresidenz
Der Besuch der Sommerresidenz, die von immensem Reichtum zeugt, ist streng geregelt. Rucksäcke müssen abgegeben werden und es gilt Puschenpflicht. Die Besucher schlurfen durch die prunkvollen Säle und dürfen hier noch fotografieren. Im Bernsteinzimmer allerdings ist das Fotografieren verboten.
Die nach Kriegsende begonnene Restaurierung dauert an. 20 Prunkräume und der Park sind zur Besichtigung freigegeben. In Etappen geht es durch die hergerichteten Zimmer der Residenz. So ist das Speisezimmer, die Festsäle, das Musikzimmer, das Spielzimmer und Gemäldezimmer restauriert. Jedes ist mit einem imposanten Kachelofen ausgestattet. Reichlich Gold blinkt. Handgewebte Tapeten sind an den Wänden. Reichtum und Prunk an fast jedem Fleck.
Besuch im Bernsteinzimmer – unglaublich, fulminant
Das absolute Prunkstück ist jedoch das Bernsteinzimmer. Davor steht eine Menschenschlange, die sich nur langsam abbaut. In zwei Schlangen geht es durch die zwei Türen, jeweils wieder in Etappen. Museumsmitarbeiter überwachen den geordneten Ablauf. Diese Regeln sind absolut notwendig, denn im Bernsteinzimmer ist es einfach zu beengt. Das sind die Probleme, die bei Overtourism entstehen.
Im Bernsteinzimmer selber ist nur etwa sieben Minuten Zeit für die Besichtigung, dann drängen die nächsten Touristen nach. Da heißt es schauen und schnell Eindrücke sammeln. Die Farbenvielfalt ist einfach unglaublich. Wer bisher glaubte, Bernstein wäre langweilig, wird hier eines Besseren belehrt. Die Farbplatte reicht von fast Weiß bis Dunkelrot und Dunkelbraun. Der Weiße ist sehr selten und daher ausgesprochen wertvoll. Der Bernstein ist in kunstvollen Verzierungen an Wänden und Decke gebracht. Selbst die Bilder-, Spiegel- und Türrahmen sind aus Bernstein. Dabei achteten die Künstler auf die farbliche Abstimmung.
Dass die Touristen an einem besonderen Ort sind, ist ihnen anzumerken. Keiner quatscht, macht Witze oder regt sich über die Warterei auf. Alle schauen und nehmen die Pracht ernst in sich auf. Das Geld für die Wiederherstellung hat sich jedenfalls für die Besucher gelohnt und sicherlich auch für die Firmen.
Weitere Informationen:
Tsarskoe Selo State Museum and Heritage Site,
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