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Was Neandertaler aßen

Was Neandertaler aßen war sehr vielfältig und könnte so gewesen sein. Am warmen Sommerabend vor 100.000 Jahren saß eine Neandertaler-Familie vor der Höhle und genoss den weiten Blick ins Tal. Sie grillte über knisterndem Feuer schmackhafte Mammut-Steaks. Als Beilage gab es frisches Blattgemüse und als Nachspeise fruchtige Beeren.

Mit bloßen Händen schöpften Kinder klares Wasser aus der nahe gelegenen Quelle und erfrischten damit die durstigen Kehlen. Eine Idylle. War es wirklich so?

Inhaltsverzeichnis

Was Neandertaler aßen in der Eiszeit

Neandertaler lebten in der Eiszeit, Foto: Rudolf Hein, Pixabay

So idyllisch war es nicht und in Europa herrschte die Eiszeit. Frauen und Kinder sammelten Nüsse, gruben Wurzeln aus und jagten Insekten. Männer gingen auf die lebensgefährliche Jagd.

Das Nahrungs-Angebot wechselte mit der Jahreszeit. Im Winter war das Essen eher knapp und karg bemessen und Hunger war sicherlich ein ständiger Begleiter. Im Sommer und Herbst herrschte dagegen ein üppiges Angebot an Essbarem. War die Umgebung des Lagerplatzes leer gesammelt und gejagt, zog die Gruppe weiter. Der Speiseplan war damals vielfältiger als heute.

Neandertaler sammelten Beeren und Nüsse

Was Neandertaler aßen, Foto: Yogandra Singh, Pixabay

In der letzten Warmzeit, vor etwa 120.000 Jahren, bot Mitteleuropa dem Menschen sehr günstige Lebensbedingungen. Die Sommer waren länger und feuchter als heute, die Winter kürzer und milder. Dadurch gedieh eine üppige Vegetation und gab zahlreichen Tier-Arten Nahrung. Sogar Flusspferde stapften im Oberrhein. Menschen durchstreiften Europa nach Nahrung und passten sich der jeweiligen Umwelt an.

Wahrscheinlich leistete die Jagd nur einen sehr kleinen Beitrag zur Ernährung. Da gewährleistete das Sammeln von Nüssen, Beeren, Wurzeln, Eier, Muscheln und Insekten eine sicherere Lebensgrundlage. Tiere wandern fort, Pflanzen nicht. Sie wachsen an bestimmten, charakteristischen Standorten und die suchten die Neandertaler gezielt auf. Die Nahrungsquellen der Natur sprudelten zu unterschiedlichen Jahreszeiten und an wechselnden Orten überaus üppig.

Die Menschen folgten diesem Rhythmus und hielten sich oft nur wenige Wochen an einem Lagerplatz auf. Ein typisch warmzeitlicher Lagerplatz lag nicht in einer Höhle, wie in unserem idyllischen Beispiel, sondern vielleicht am Ufer eines Sees oder Flusses. Dort fand sich auch genügend aus den Bergen herab transportierter Schotter, der als Rohmaterial für Steinwerkzeuge diente.

Ernährung der Neandertaler

  • Warmzeit
  • pflanzliche Nahrung wie Schlehe, Traubenkirsche, Holunder, Hagebutte, Sanddorn, Him-, Brom- und Wald-Erdbeere, Haselnuss, Bucheckern, Eicheln, Wilde Möhre, Pastinak, Wiesen-Kümmel, Steinpilz, Pfifferling
  • Tierische Nahrung von Damhirsch, Wildschwein, Pferd, Ur, Nashorn, Waldelefant, Feldhase, Rotfuchs
  • Kaltzeit
  • Pflanzliches wie Beifuß, Klee, Veilchen, Hahnenfuß, Kiefernnüsse, Wacholderbeeren, Bart- und Moosflechten
  • tierische Nahrungsquellen von Rentier, Moschusochse, Pferd, Bison, Wollnashorn, Mammut, Schneehase, Eisfuchs

Erstaunlicherweise war das Nahrungsangebot auch in der Kaltzeit sehr breit und abwechslungsreich.

Eiszeit in Europa

Sanddorn

Am Ende der Warmzeit wurde es allmählich kälter. Eine offene, von Gras- und Krautsteppen geprägte Landschaft dominierte ganz Europa. Die Sommer waren warm, aber kurz. Der Winter dauerte sieben Monate und heftige Stürme fegten über das Land.

Die an Kälte angepassten Großtiere unternahmen weite Wanderungen, um genügend Futter zu finden. Die Neandertaler folgten ihnen, denn nun aßen sie mehr Fleisch. Je kühler das Klima, desto weiter verstreut waren die Nahrungsquellen und desto größer war der Energieverbrauch. Sie hatten durch ihren kräftigen Körper ohnehin einen hohen Energiebedarf, den Fleisch am besten deckte.

Als Jagdwaffen benutzten sie einfache Holzlanzen, aber auch Speere mit Steinspitzen. Jagd gilt gemeinhin als Männersache, doch daran zweifeln Archäologen inzwischen. Im Steinzeitmüll fand sich eine große Zahl Knochen von kleinen Beutetieren, wie Hasen, Füchse oder Vögel. Die fingen mit großer Wahrscheinlichkeit Frauen. Somit haben Frauen zusammen mit den gesammelten Pflanzen zwischen 50 und 70 Prozent der gesamten Nahrungs-Kalorien für die Familie geliefert.

Lagerplatz in der Eiszeit

Ein typisch kaltzeitlicher Lagerplatz könnte sich in einer nach Süden offenen Höhle in einem geschützten Tal befunden haben. Herden von großen Pflanzenfressern, wie das Mammut, durchzogen das Tal auf ihren jahreszeitlichen Wanderungen.

Auch während der kalten Monate bot der lockere Bestand von Kiefern, Birken und Wacholder am Tal-Grund einigen Tieren Schutz und Nahrung und den Menschen bescherten dies Essbares und wertvolles Brennholz. Sammeln und Jagen mag beschwerlich erscheinen, doch Studien der letzten heute noch lebenden Sammler- und Jäger-Völker zeigten anderes. Die Frauen wendeten etwa zwölf Stunden pro Woche auf, um Pflanzennahrung für die ganze Familie herbeizuholen. Den Männern reichten einundzwanzig Stunden, um genügend Fleisch zu beschaffen.

In der freien Zeit vegetierten die Neandertaler sicherlich nicht dumm und dumpf in ihren Höhlen. Um Steinwerkzeuge und Kleidung geschickt anzufertigen, blieb ihnen genügend Zeit.

Bison-Magen als Kochtopf

Jagdbeute Wisente, Pressefoto: Neanderthal-Museum

Die Neandertaler kannten das Feuer und nutzten es geschickt. Schwer Verdauliches machten sie durch Erhitzen genießbar und verfeinerte den Geschmack.

Auch ohne Edelstahlkochtopf, Elektroherd oder Mikrowelle ließ sich gut kochen. Es gab sogar mehrere Methoden. Aus Fell, Leder oder Tiermägen konstruierten die Steinzeitmenschen ihre „Kochtöpfe“. Sie hängten sie an Gerüste aus starken Ästen über den Feuerstellen. Ein Bison-Magen als Kochgefäß soll selbst bei täglicher Benutzung mehrere Monate halten.

Man kann auch mit erhitzen Steinen in Gefäßen aus Holz oder Birkenrinde, in wasserdichten Körben oder in mit Leder bzw. Fellen abgedichteten Gruben einen steinzeitlichen Eintopf konstruieren. Für diese Methode nach dem Tauchsieder Prinzip eignen sich am besten Granit-, Basalt- und Quarzit-Steine. Die lassen sich bis zu 25-mal wieder erhitzen, bevor sie zerplatzen. Die heißen Kochsteine nimmt man mit einer Holzzange aus dem Feuer, spült sie kurz im klaren Wasser ab und taucht sie in den Eintopf. Schon beim vierten Stein fangen etwa drei Liter Flüssigkeit an zu kochen.

Fleisch garen

Feuer machen, Foto: Pexels, Pixabay

Schaf, Fuchs oder Ziege konnten auch im eigenen Fell gegart werden. Dazu nahmen die Steinzeitmenschen das Tier aus und verstopften den Schlund mit einem geeigneten Kieselstein. Anschließend füllten sie Wasser und heiße Steine ein und nähten das Tier wieder zu. Wenn die Haare vom Fell abfielen, war das Fleisch gar.

Eine weitere Methode ist, dem gehäuteten Tier das Fleisch von den Knochen zu lösen und in den Magen des Tieres zu stecken. Wasser hinzugießen und die Knochen dienten als Brennmaterial. Diese Methode ist für Steinzeitmenschen durchaus denkbar, doch für Archäologen hinterlässt sie leider keinerlei Spuren.

Kleine Tiere ließen sich prima in einen dichten Lehmmantel einhüllen. An den Rand der Feuerstelle gelegt, garte das Fleisch ganz allmählich im eigenen Saft und verkohlte so nicht. Zum Essen schlug man den festen Ton einfach auf. Fleisch mit Gemüse und schmackhaften Kräutern in Blätter eingewickelt dämpfte in Kochgruben mit heißen Steinen vor sich hin und ergab so ein komplettes Menü mit Sauce.

Heute ahmen wir diese geniale Methode mit modernen Mitteln wie Römertopf oder Garen in der Alufolie nach.

Braten der Mammut-Steaks

Neandertaler jagten, Pressefoto: Neanderthal-Museum

Abbildungen über die Nahrungszubereitung in der Steinzeit stellen häufig Feuer dar, an denen Fleisch am Spieß röstet. Damals lebten die Menschen aber nicht in einer unendlichen Grillsaison bei untergehender Sonne, sondern für sie waren Braten am Spieß oder Grillen nur zwei Garmethoden unter vielen. Sie grillten eher selten, denn es geht dabei kostbares Fett verloren. Neandertaler schätzten Fett als wertvollen Energielieferanten.

Geschmack fanden sie sicherlich auch an einem Kotelett vom Wildschwein auf einem heißen Stein gebraten. Selbst wildes Getreide im rohen Zustand ist schwer verdaulich, doch durch Rösten wurde es genießbar.

Konservieren ohne Kühlschrank

Ohne Konservendose und Tiefkühltruhe lassen sich schon in der Steinzeit Konservierung und Vorratshaltung nachweisen. Die einfachste Methode war bestimmt das Einfrieren im Winter.

Durch Räuchern konnten Fleisch und Fisch vor Verderben geschützt werden. Dazu klemmten Steinzeitfrauen oder -männer ganze Fische oder Fleischstücke zwischen oben und unten zusammen gebundenen Röststäben und stellten sie am Feuer auf.

Um Obst und Gemüse haltbar und transportfähig zu machen, bot sich das Trocknen an. Nicht zuletzt lagerten Neandertaler Lebensmittel in kühlen Erdhöhlen oder abgedeckten Gruben ein.

Hunger und X-Beine

Archäologen kamen zu dem Schluss, dass Jäger der Steinzeit zumindest in Süddeutschland eine gesicherte Existenzgrundlage besaßen. Zeiten der Not und der Unterversorgung wird es nur im beginnenden Frühjahr gegeben haben. Dann gingen die Wintervorräte zur Neige und die natürlichen Nahrungsquellen ließen auf sich warten.

In solchen Notzeiten ein abgemagertes Wild zu jagen, war völlig nutzlos. Beim Jagen, Zubereiten und Verdauen des ausgezehrten Fleisches verschwendete der Mensch mehr Energie, als er durch den Verzehr aufnehmen konnte.

Eine andere Art der Unterversorgung fiel an einigen Skeletten auf. Die Neandertaler Westeuropas hatten krumme Beine. Heute sind Vorgeschichtler überzeugt, dass O- oder X-beinige Neandertaler an Rachitis litten. Diese Erkrankung beruht auf einem Mangel an Vitamin D. Vitamin D wird nur in der Haut mit Hilfe ultravioletter Sonnenstrahlen erzeugt. Nun gab es während der Kaltzeiten in Europa gewiss wenig Sonnenschein, der Himmel war oft wolkenverhangen und die frierenden Menschen bekleideten sich am ganzen Körper mit wärmenden Pelzen.

Auswahl an Essen

Feuer, Foto: Chris-Aram-Pixabay

Alles in allem haben Neandertaler eine größere Vielfalt an Nahrungsmitteln gehabt als heute. Fast alle jetzt bekannten Früchte gab es schon damals in Form der wilden Vorläufer. Es wurden mehr Wurzeln, Knospen, Blätter, Stängel, Früchte, Pilze und mehr Tierarten verspeist.

Heute ist das Angebot an Lebensmitteln sehr eingeengt. Dafür kommt makelloses Obst und Gemüse der Handelsklasse Extra in die Supermärkte und auf den Tisch. Grillen ist täglich bei untergehender Sonne im Garten möglich.

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