Jüdischer Friedhof in Worms ist eine Reise in eine längst vergangene Zeit. Dem Gang bei drückender sommerlicher Hitze durch die Gräberfelder haftet etwas Mystisches an. Die schiefen Grabsteine auf der wuchernden Rasenfläche zeugen von der ehemals pulsierenden jüdischen Gemeinde in Worms.
Heute gleicht der Friedhof einem anklagenden Relikt. Dennoch ist der Besuch sehr interessant und zeigt eindrücklich die jüdische Friedhofskultur. Besonders der Brauch, bei einem Besuch einen kleinen Stein auf den Grabstein zu legen, hat etwas Einmaliges, denn auf unseren Friedhöfen ist diese Geste vollends unbekannt.
Jüdischer Friedhof in Worms gehört zum UNESCO-Welterbe
Auf dem Willy-Brandt-Ring entlang der alten Stadtmauer tobt der Verkehr und kaum ist man durch die unscheinbare Eisenpforte getreten, umfängt den Besucher eine wohltuende Ruhe. Über einen kleinen Vorplatz geht es durch einen engen Durchgang auf den Friedhof.
Zwischen Grasflächen ragen die alten verwitterten Grabsteine hervor. Auf einigen wenigen liegen Steine, die Besucher auf dem Grabstein ablegten.
An manchen klemmen zwischen den Steinen ausgeblichene Zettel oder liegen auf dem Grabstein mit Steinen beschwert. Darauf stehen vielleicht Bitten oder gute Wünsche und es ist zu erkennen, dass der Friedhof noch von ausgewanderten jüdischen Nachkommen aus aller Welt besucht wird.
Vor uns wandelt ein Paar und der Mann trägt eine Kippa auf dem Kopf. Welche Gedanken ihnen wohl durch den Kopf gehen? Auch für sie ist es eine Zeitreise.
Erst später entdecken wir den Hinweis, dass männliche Besucher eine Kopfbedeckung tragen müssen. Wir tragen zum Schutz vor der stechenden Sonne jeweils Sonnenhüte.
Jüdischer Friedhof «Heiliger Sand» ist der älteste in Europa
Der Friedhof weist rund 2000 Gräber auf und der älteste Grabstein ist von 1058. Zahlreiche einflussreiche Gelehrte und Rabbiner wurden hier beigesetzt. Der Friedhof zeugt vom kulturellen Leben der jüdischen Gemeinde inmitten des christlich geprägten Umfeldes. Über Jahrhunderte hinweg gab es immer wieder Vertreibungen und Pogrome gegen Juden und zuletzt in der NS-Zeit.
Man muss sich fragen, warum der Totenhof «Heiliger Sand» heißt. In grauer Vorzeit war der Friedhof mit Sand bestreut, der mühselig aus Jerusalem nach Worms geschafft worden war. Die jüdische Gemeinde maß der Totenruhe eine immense Bedeutung zu und sie stemmten solche enormen Kosten.
Der Friedhof zählt zum SchUM-Welterbe, das gemeinsame jüdische Erbe in den Städten Worms, Speyer und Mainz
Weitere Informationen: Tourismusinformation Worms, Neumarkt 14, 67547 Worms
Jüdischer Friedhof «Heiliger Sand» Worms, Willy-Brand-Ring 21, 65547 Worms
Öffnungszeiten:
November bis März, Sonntag bis Freitag 9:30 – 16:00 Uhr, letzter Einlass 15:40 Uhr
April bis Oktober, Sonntag bis Freitag, 9:30 – 18:00 Uhr, letzter Einlass 17:40 Uhr, Samstag und an jüdischen Feiertagen geschlossen
UNESCO-Welterbe SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz