Der Ingwer – litten Matrosen vergangener Zeiten an Seekrankheit, Magenkrämpfen oder Kreislaufbeschwerden verordnete der Schiffskoch oder der Schiffsarzt Ingwer. Die Fischer der Karibischen Inseln kauen heute noch vorbeugend Ingwer-Wurzeln, wenn sie auf das unruhige Meer hinausfahren.
Wir kennen Ingwer nur als Gewürz, allenfalls noch als Ingwer-Stäbchen mit Schokolade überzogen. Sind die Deutschen eher Ingwer-Muffel, gelten Briten, Amerikaner und Skandinavier als wahre Ingwer-Fans, zum Beispiel als Ingwerkekse, Ingwersirup, Ingwerpuver oder bei Erkältungen als Ingwertee.
Der Ingwer – das älteste Gewürz
Ingwer gehört zu den ältesten Gewürzen, die Menschen verwenden. Seit etwa 4000 Jahren baut man ihn an als Gewürz und Heilpflanze an – zuerst in seiner Heimat Südostasien, später in Indien und Ostafrika. Der chinesische Religionsstifter Konfuzius (551 bis 479 vor Christus) soll jede seiner Speisen mit Ingwer gewürzt haben.
Der Name leitet sich aber vom altindischen „srngavera“, das bedeutet „hornförmig“, ab. Der Ingwer ist also nach seiner hornähnlichen Wurzel benannt worden. Und der Name ist in fast allen Sprachen wiederzuerkennen: „zingiberis“ im Griechischen, „zingiber“, „zenzero“ im Italienischen, „gingembre“ im Französichen und „ginger“ im Englischen.
In der Antike brachten arabische Gewürzhändler den Ingwer nach Rom. Weil er als Wurzel befördert wurde, überstand er die Reise besser und in größeren Mengen als andere, verderblichere Gewürze. Dass Ingwer im alten Rom einen stolzen Preis hatte, obwohl er keine Rarität war, liegt an der auf ihn erhobenen Luxussteuer. Es heißt, nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches sei Ingwer aus der europäischen Küche verschwunden, bis Marco Polo ihn in Indien und China wiederentdeckte. Scheinbar hat er auch weiterhin zumindest in kleinen Mengen den Weg nach Europa gefunden, denn seit dem 13. Jahrhundert finden sich Hinweise auf Ingwer-Konsum.
Doch zu der Zeit wurde zum Beispiel in Frankreich mehr Wert gelegt auf die Verfeinerung des Geschmacks als auf frappierende Gaumenerlebnisse. England blieb dem Ingwer treu. Elisabeth I. soll höchstpersönlich den mit Ingwer gewürzten Lebkuchen-Mann erfunden haben. Die Engländer brachten ihre Vorliebe mit nach Amerika. So hatten die Revolutionstruppen Ingwer in ihrem Marschgepäck.
Heute wächst der Ingwer in Nigeria, Indien, Taiwan, Sierra Leone, Australien und China. 80 Prozent des weltweit gehandelten Ingwers stammen derzeit aus China. In Indien allerdings, dem Gewürzland, werden knapp dreißig verschiedene Sorten kultiviert.
Der Ingwer-Baum
Die Tropenpflanze (Zingiber officinale Roscoe) wird bis zu einem Meter hoch. Ihre Blätter sehen aus wie Schilfstauden und ihre Blüten wie Iris: gelb mit purpurfarbenen Lippen und höchst dekorativ. Gegessen wird nur, was unter der Erde wächst. Dieses „Rhizom“ ist keine Wurzel, sondern ein horizontaler Spross, der weitere Sprossen nach oben bildet.
Die Vermehrung der Pflanze erfolgt über Stecklinge, die sich innerhalb von acht bis neun Monaten zu erntereifen Rhizomen entwickeln. Zum Zeitpunkt der Ernte der handförmig verzweigten Rhizome („Klauen“ oder „Hands“) sterben die oberirdischen Pflanzenteile bereits ab. Die ausgegrabenen Rhizome werden gewaschen und je nach Anbaugebiet und Anforderungen mit kochendem Wasser überbrüht, an der Sonne getrocknet und von der äußeren Kork-Schicht befreit.
Geschälter Ingwer zeigt eine glatte Oberfläche, eine hellgelbe bis leicht bräunliche Farbe und wirkt nur nach Behandlung mit Kalk oder schwefliger Säure gebleicht. Das Schwefeln ist ein oft notwendiges Haltbarmachungsverfahren, um eine Schimmelbildung während des Trocknungsprozesses zu verhindern. Die gebleichte, sehr begehrte helle Handelsware kommt dann im Stück oder gemahlen als Ingwerpulver in die Supermärkte.
Der Ingwer – das unterschätzte Gewürz
Der Handel bietet Ingwer in geschmacklich und mengenmäßig unterschiedlichen Sorten an, wobei Anbaugebiet und Alter auch die Qualität beeinflussen. Ein eigenartiger, stark aromatischer Geruch und ein brennend-scharfer Geschmack zeichnen den Ingwer aus. Das feinste Aroma besitzt der meist geschälte Jamaika-Ingwer, der wegen seines zitronenähnlichen Beigeschmacks sehr geschätzt wird.
Der westafrikanische Ingwer, halb- oder ungeschält gehandelt, ist von geringer Qualität, hat jedoch die größte Schärfe. Deshalb wird er häufig in der fleischverarbeitenden Industrie verwendet. So kommt Ingwer als Zutat von Gewürzmischungen bei der Wurstherstellung unter anderem in Brat-, Bock- Bierwurst, Geflügelbierschinken und Leberkäse vor.
Ingwer richtig aufbewahren
Bei uns gibt es vorwiegend den scharfen, chinesischen Ingwer zu kaufen. Frische, getrockneter Ingwer oder Pulver ist in Supermärkten, Asien-, Feinkostläden oder beim Gemüsehändler zu bekommen.
Frische Knollen müssen gleichmäßig weißlich oder gelb-braun und prall sein. Das Alter der Knolle ist leider nur beim Aufschneiden zu erkennen: je älter, desto faseriger das Fleisch. Zum Aufbewahren wickelt man frischen Ingwer zuerst in Küchenpapier, dann fest in einen Folienbeutel und legt das Ganze ins Gemüsefach des Kühlschranks. Wer Ingwerwurzeln selber zu Pulver verarbeiten möchte, der benutzt eine Ingwerreibe.
Ingwer in der Küche
Junger Ingwer ist fruchtig, zart und saftig, älterer scharf und grobfaserig. Frischer Ingwer schmeckt milder als getrocknete Stücke oder Ingwerpulver. In den Küchen der tropischen Gebiete werden vorwiegend frische Knollen verwendet.
Ob frisch oder getrocknet – Ingwer ist für viele Gerichte und verschiedene Curry-Pulver unentbehrlich. In Asien wird es in sehr großen Mengen verbraucht, da man es zur Erhaltung der Gesundheit als unerlässlich ansieht. Fisch- und Fleischgerichten gibt man ebenso gerne eine Spur Ingwer zu wie in Europa Süßspeisen, Konfekt, Kuchen, Brot, Pickles und Chutneys. Auch manche Liköre und Biere, in England Ginger Ale, werden mit Ingwer natürlich aromatisiert. Wir kennen Ingwer als traditionelles Back- und Puddinggewürz oder zum Einlegen von Kürbis oder Birnen.
Ingwer-Wirkung für die Gesundheit
Für den pikant-scharfen Geschmack sind die ätherischen Öle verantwortlich, wie das Zingiberol, das den warmen holzigen Duft bestimmt, oder das Gingerol, das für den scharfen, leicht beißenden Geschmack sorgt. Diese und noch 40 weitere Inhaltsstoffe verbessern nicht nur den Geschmack und tragen zur Haltbarkeit von fettigen Speisen bei, sondern sie fördern auch die Verdauung, regen den Appetit an, steigern die Absonderung von Mundspeichel und Magensaft und helfen gegen Magenbeschwerden.
Nichtzuletzt wurde Ingwer oft als Mittel gegen Seekrankheit, auch Bewegungskrankheit genannt, untersucht. Eine Studie kam zu dem Ergebnis, dass Ingwer geeignet war, Schwindel und die Bewegungskrankheit – im Versuch verursacht durch einen drehenden Stuhl – zu mindern. Eine weitere Studie testete achtzig dänische Marine-Kadetten, die nicht an das Segeln in rauer See angepasst waren. Ein Gramm Ingwer reduzierte deren Erbrechen und kalte Schweißausbrüche.
Ausflugstipp:
Gewürzmuseum, Am Sandtorkai 32, 20457 Hamburg, www.spicys.de
Das Rezept für selbstgemachten Ingwer-Tee bei Schnupfen
Dazu ein Stück der Ingwer-Wurzel schälen, kleinschneiden und mit kochendem Wasser übergießen. Etwa 10 Minuten ziehen lassen und nach Geschmack süßen. Den heißen Tee in kleinen Schlucken genießen.
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