Jüdisches Leben in Worms ist in der engen Innenstadt noch an vielen Stellen zu entdecken. Gemeinsam mit den Judenvierteln in Mainz und Speyer gehören die zum UNESCO-Kulturerbe SchUM. Das war ein jüdischer Gemeindeverbund und erlebte seine Blütezeit zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert.
In das alte Judenviertel in Worms gelangt man durch das Raschi-Tor und dann auf der Judengasse zur Synagoge. Der Friedhof liegt etwas außerhalb.
Auf dem Stadtplan ist das Viertel in seiner Geschlossenheit gut zu sehen. Hier muss es eng und quirlig zugegangen sein, denn die Bevölkerung war auf engem Raum zusammengepfercht.
Jüdisches Leben in Worms mit Raschi-Tor und Synagoge
Das Raschi-Tor ist in der alten Stadtmauer. Darüber verläuft ein überdachter Gang und der erinnert an den Film «Harry Potter». Wenn die Zauberlehrlinge von einer Unterrichtsstunde zur nächsten mussten, sind sie oft diskutierend durch einen solchen Gang gegangen.
Im Judenviertel stehen kleine gedrungene Häuser und man das Leben darin gut nachempfinden. In der Judengasse mit holprigem Kopfsteinpflaster befindet sich auch die Synagoge mit der Mikwe für die rituelle Reinigung.
Die Wormser Synagoge hat eine fast tausendjährige Geschichte und wirkt im Vergleich zum mächtigen Dom klein und versteckt. Dennoch fungierte sie als Mittelpunkt der Gemeinde. Von der ersten Synagoge ist nur eine Steintafel übrig geblieben von den Verwüstungen durch die Kreuzzüge. Doch die Menschen errichteten eine neue und auch die wurde immer wieder zerstört während Pogromen gegen die Juden, zuletzt 1938. 1961 wurde die wiederaufgebaute Synagoge eingeweiht. Das Ritualbad Mikwe ist angeschlossen. Dennoch gibt es kaum jüdische Bewohner in Worms.
Das Jüdische Museum ist im Raschi-Haus, das sich hinter der Synagoge befindet. Leider konnten wir das Raschi-Haus nicht besuchen, weil die Frau an der Kasse gerade zum Mittagessen gehen wollte.
Frauen in der jüdischen Gemeinde
An der Synagoge ist ein Frauenraum angebaut worden. Der Raum dient heute als Gedenkraum für die während der NS-Zeit ermordeten Wormser Juden. Dieser Raum zeigte die Bedeutung der Frauen in der Gemeinde. Jüdische Frauen waren im Mittelalter bedeutende Mitglieder. Sie übernahmen Verantwortung und Aufgaben. Sie waren gebildet und übten oft einen Beruf aus und trugen damit zum Unterhalt der Familie bei, manchmal finanzierten sie die Familie ganz allein, damit der Mann sich dem Studium des Talmuds widmen konnte. In traditionellen Familien übergaben die Frauen durch die Geburt die Zugehörigkeit zum Judentum. Meist übten sie aber eine eher zurückhaltende und untergeordnete Rolle aus.
Mikwe oder das reinigende Bad
Das Judenbad im fließenden Grundwasser oder Regenwasser dient zur Entfernung von Unreinheiten bei Personen oder Gegenständen. So besuchen zum Beispiel Frauen während oder nach der Menstruation und nach einer Geburt die Mikwe. Besucher dürfen nichts Fremdes am Körper haben und tauchen nackt komplett unter. Danach können Gläubige am Gottesdienst teilnehmen.
In Deutschland sind an über 400 Orten noch alte Mikwen nachweisbar und bei allen geht es über Stufen hinab in die Tiefe.
Moderne Mikwen werden mit Regenwasser gespeist, sind gefliest und haben Haltegriffe.
Weitere Informationen: Jüdische Synagoge, Eingang: Synagogenplatz, Hintere Judengasse 4, 67547 Worms
Jüdisches Museum im Raschi-Haus, Hintere Judengasse 6, 67547 Worms