Bremen Gefangenenhaus Ostertorwache liegt im heutigen Wilhelm-Wagenfeld-Haus. Durch ein Tor seitlich des Wagenfeld-Hauses gelangt man in die restlichen erhalten gebliebenen Zellen. Das Gebäude mit seinen markanten Säulen war schon immer ein Gefängnis. 1828 wurde es als Gefangenenhaus in Betrieb genommen. Die Bremer nutzten es als Gefangenenhaus, als Gestapogefängnis, für Polizeigewahrsam und als zuletzt als Abschiebeanstalt. Sogar bis 1996 nutzten die Behörden das Gefängnis für die Abschiebung. Geht der Besucher in den Zellentrakt mit den stabilen Türen, in denen ein Guckloch eingelassen wurde, ist ein bedrückendes Gefühl allgegenwärtig. Das Gefühl, das die einsitzenden, verzweifelten Gefangenen gespürt haben müssen.
Bremen Gefangenenhaus Ostertorwache – Inschriften und Überfüllung
Im Keller des Wagenfeld-Hauses befinden sich kühle Kellerräume mit Sandsteinbodenplatten. Der Keller wurde bei Überfüllung und für die Reinigung der Insassen genutzt. Der Keller ist heute nicht mehr zu sehen. Der fensterlose Keller wurde bei den Nazis zur Unterbringung politischer Gefangener genutzt. Hier war die Wartestation bis sie zu den Verhören abgeholt oder in Konzentrationslager deportiert wurden. Nach dem Krieg wurde die Benutzung des Kellers verboten. Die teils verzweifelten Inschriften der Gefangenen sind heute nur als Fotografien erhalten geblieben. Die letzte Inschrift stammt vom 1.4.1945. Ein Zwangsarbeiter hinterließ der Nachwelt die Botschaft: „Hier pinkelt der Pole Stefan Javon.“
In Zeiten der Überfüllung waren vier Erwachsenen in einer Einzelzelle untergebracht. Da konnte es vorkommen, das politische Gefangene mit kriminellen Häftlingen in der Enge den ganzen Tag über saßen. In Dritten Reich war das auch so gewollt und sollte die Politischen demütigen. Für maximal 100 Personen geplant saßen zeitweise bis zu 260 ein.
Lange Zeit glaubte man, dass die Bremer Giftmörderin Gesche Gottfried in einer Kellerzelle auf ihre Hinrichtung wartete. Tatsächlich war sie aber nach ihrer Verhaftung in einer Zelle im dem Wallgraben zugewandten Obergeschoss untergebracht. Die Zelle von Gesche Gottfried fiel leider den Restaurierungsarbeiten zum Opfer.
Gefangen – Langeweile, Gestank, Enge und Hunger
Die Freiheitsstrafen wurden in Einzelhaft oder gemeinsamer Haft vollstreckt. Die zu besichtigenden Zellen sind Einzelzellen oder Zweimannzellen. Sie messen 2,60 Meter Breite, 2,75 Meter Länge mit einer Höhe von 2,22 Metern. Das gewölbte Tonnengewölbe erhöht die Höhe um maximal 0,75 Meter. Die Zellen entsprachen damit den damaligen Vorschriften. Als Inventar sind in einer Einzelzelle ein Bett mit Strohsack, Strohkissen, Bettlaken und einer wollenen Decke, ein Hocker aus Eichenholz, ein Tisch und ein Stuhl mit einem hölzernen Eimer als Toilette.
Als Verpflegung gab es täglich pro Insasse: ¾ Brot, morgens Kaffee mit Milch, mittags Löffelspeise aus Bohnen, Erbsen, Linsen, Reis, Graupen, Wurzeln, Steckrüben oder Kohl, abends heißes Wasser, in dem die Gefangenen Brot einstippten.
Miteinander reden sollten die Gefangenen nicht, deshalb blieben die Fenster geschlossen. Briefe und Besuch durften sie nur nach Genehmigung der Behörde erhalten. Briefe schreiben durften sie ebenfalls nur mit Erlaubnis. Die Briefe wurden zensiert.
Der sehr interessante Besuch vermittelt einen Eindruck von der historischen Unterbringung von Gefangenen. Die sehr guten, bereitliegenden Faltblätter und Schriften an den Wänden lassen eine Inhaftierung gut nachfühlen. Mit Erleichterung geht es aus dem Verlies hinaus.
Weitere Informationen:
Dokumentationsstätte Gefangenenhaus Ostertorwache,
Am Wall 209, 28195 Bremen, Staatsarchiv Bremen,
Telefon: 0421/ 361 4452 oder 0421 / 361 6221
Öffnungszeiten: Jeden ersten Samstag im Monat von 11.00 bis 16.00 Uhr
Eintritt: frei
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