Hühnergötter oder Lochsteine sind vom Wasser ausgehöhlte Feuersteine. Ihnen werden geheimnisvolle Kräfte zugeschrieben. In Feuersteinen verbergen sich manchmal Hohlräume mit Einschlüssen von Schreibkreide oder anderen fossilen Mineralien. Durch das natürliche Auswaschen der Steine in der Brandung entstehen vermutlich die ausgefransten Löcher. Fundorte solcher Lochsteine sind meist Ostsee-Strände, zum Beispiel auf Rügen und Usedom. Besonders große Fundstücke werden als „Sassnitzer Blumentöpfe“ bezeichnet.
Woher der Name „Hühnergötter“ stammt, ist nicht genau geklärt. Es gibt verschiedene Versionen: So zum Beispiel, dass sie in Hühnerställen zum Schutz gegen den nachts jagenden Fuchs Verwendung fanden. Bedingung für die Schutz-Kräfte der Amulett-Steine ist die natürliche Entstehung des Loches. Hühnergötter suchen und finden ist für manche Urlauber eine entspannende Beschäftigung bei langen Strand-Spaziergängen. In den Dörfern entlang der Ostsee sind aufgefädelte Lochsteine in Gärten oder an Garagen zu entdecken.
Woher kommt der Name Hühnergott?
Der Ursprung der Bezeichnung ist noch nicht geklärt. In den sechziger Jahren erschien eine deutsche Übersetzung der Novelle „Der Hühnergott“ des russischen Schriftstellers Jewgeni Jewtuschenko. In dieser Liebesgeschichte im Sommerurlaub auf der Krim kommt ein Lochstein vor. Der Schriftsteller verwendet dafür die ortsübliche Bezeichnung „Hühnergott“. Die Tartaren hängten die dort gefundenen Lochsteine in ihre Hühnerställe, um das Federvieh vor Krankheiten zu schützen und für viele Eier. Das Buch, in einem ostdeutschen Verlag erschienen, wurde populär und damit auch der Begriff. In einem Wörterbuch taucht der Begriff Hühnergott erst 1965 auf.
Wie kommt das Loch in den Stein?
Der harte Feuerstein verfügt über Hohlräume mit Einschlüssen. Die Brandung wäscht diese Hohlräume aus. Nach und nach entsteht ein Loch. Aber völlig sicher ist diese allzu plausible Erklärung nicht. Fachleute haben keine eindeutige Erklärung für dieses Phänomen. So behalten die seltsamen Steine ihr Geheimnis.
Gut zu finden sind diese Lochsteine nach den Stürmen in der kälteren Jahreszeit. Denn dann sind die Strandsteine umgeschichtet und die bislang verborgenen Hühnergötter kommen zum Vorschein. Nach der Urlaubssaison lohnt sich kaum das Suchen. Die Strände sind abgesucht.
Viehgötter, Glücks-, Drudensteine, Amulette
In einigen Regionen der Welt werden solcher Steine gefunden. Sie sollen über geheimnisvolle Kräfte verfügen: Zauber gegen Unheil, für das böse Geister verantwortlich sind. Manche Deutungen bringen den Hühnergott sogar mit dem nordischen Gott Thor (Donar) in Verbindung. Das Huhn steht nämlich im germanischen Volksglauben in enger Verbindung zum Donnergott.
Im österreichischen Salzkammergut sind Lochsteine als Drudensteine und in Vorarlberg als Doggisteine bekannt. Geister bevorzugen nämlich Schlüssellöcher oder Ritzen, um in Zimmer zu gelangen. Sie benutzen niemals die Tür. Falsche Löcher dagegen leiten Geister in die Irre. Lochsteine, die über dem Bett baumelten, schützen vor Alpträumen. Entzündungen des Augenlidrandes heilten, wenn der Kranke durch das Loch blickte. Kärntner Slowenen glaubten an den Schlangenstein. Milch durch dieses Loch geschüttet, galt als Heilmittel gegen Kinderkrankheiten. Heute tragen manche ihren selbstgefundenen Stein an einer Lederschnur als Amulett um den Hals. Sicher ist sicher. Ein Talisman kann niemals schaden.
Lochsteine für Webstühle und Fischernetze
In Zeiten der Handwebstühle verwendeten Weber kleinere Lochsteine zum Beschweren der Fäden. Aufmerksame Besucher von Heimat- und Freilichtmuseum können die Verwendung der Lochsteine noch sehen. Deutsche Küstenfischer nutzten Lochsteine als „Senker“ für Netze und Reusen.
Hühnergötter oder Lochsteine in Museen
- Kreidemuseum Gummanz (Rügen)
- Eiszeit-Museum in Lütjenburg (Schleswig-Holstein)
- Deutsches Meeres Museum (Stralsund)
- Museum für Natur und Umwelt (Lübeck)
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